Säureschaden
von Bruder Hesekaja
VORWORT
Diese Anleitung soll Euch helfen einen Säureschaden auf einer Platine zu beseitigen. Ausserdem bietet sie generell Hilfe beim Löten an Platinen.
WICHTGER HINWEIS
ALLE ARBEITEN ERFOLGEN AUF EIGENE VERANTWORTUNG UND SOLLTEN NUR BEI AUSREICHENDEN KENNTNISSEN DURCHGEFÜHRT WERDEN !
DAS DOKUMENT BETRIFFT FOLGENDE GERÄTE :
Alle Geräte mit Batterien oder Akkus auf dem CPU Board
WELCHE KENNTNISSE WERDEN BENÖTIGT :
Umgang mit einem Multimeter, allgemeine Elektronikkenntnisse, Löten an Platinen.
WIE ÄUSSERT SICH DER FEHLER :
Optisch: Leiterbahnen und Bauteile auf der Platine sind oxydiert, bzw. mit Kristallen der ausgasenden Battereien überzogen.
Praktisch: Sehr vielfältig, meistens Fehler in der Switch Matrix.
Welche Werkzeuge und Materialien werden benötigt :
Werkzeug:
Elektronik-Seitenschneider, möglichst spitz
Lötkolben mit feiner Spitze bis 40 Watt
Pinzette
Entlötlitze/pumpe
Glasfaserstift
evt. ein Teppichmesser
Material (natürlich abhängig vom Ausmaß des Schadens):
Lötzinn
IC-Präzisionssockel: 14 und 18 polig
IC's: LM339N, ULN2803A
Kohleschichtwiderstände 1/4 Watt: 10KOhm, 1,2 KOhm, 1KOhm
Die Widerstände habe ich pro Wert im 100er Pack für unter 2 Euro bekommen. Das Material hat zusammen keine 15 Euro gekostet.
Los geht's
So kann ein CPU Board aussehen, wenn der Flipper im Keller vergessen wird (Abb.1). Eine der drei Mignon Batterien ist ausgegast, und die Batterie“säure“ hat im Laufe der Zeit dieses unnötige Problem verursacht. Das "Säure" befindet sich in Anführungszeichen, weil es sich bei der Säure nicht um eine Solche, sondern tatsächlich um eine alkalische Verbindung handelt. Diese metallorganischen Salze sind teilweise hochgiftig - da sollte also durchaus ein bisschen Zurückhaltung (was das in der Nase bohren bei der Arbeit angeht) geübt werden. Aber auch solch ein Fehler ist in den meisten Fällen reparabel. Wie das gemacht wird, zeige ich anhand eines Williams WPC CPU-Boards.

Abb. 1
Zuerst müssen diese Ausblühungen mit einem Glasfaserstift grob entfernt werden. Danach werden alle Bauteile die von den Ausgasungen betroffen sind entfernt. Das bedeutet zwar viel Arbeit, aber alles was man jetzt verschlampt, macht man später ein zweites mal! Fangen wir mit den IC's an. Mit einem sehr spitzen Seitenschneider werden die Beinchen der Bausteine einzeln durchtrennt. Ich gehe mal davon aus, dass die wenigsten einen so speziellen und auch teuren Knipser ihr Eigen nennen. Außerdem besteht hier die Gefahr die Beinchen so stark zu verbiegen, das dabei die Lötaugen abreißen (was unbedingt vermieden werden sollte)! Ich bevorzuge auf jeden Fall die Messermethode in Abb. 3.

Abb. 2
Einige werden jetzt sagen: "Bloß nicht mit einem Messer, damit schneidest Du Dir die Leiterbahnen durch." Sicher ist das nicht ungefährlich, aber lange nicht so schwierig/gefährlich wie es vielleicht scheint! Ich habe jetzt mein viertes CPU Board so repariert. Dabei habe ich nicht einmal die Platine beschädigt! Wichtig ist eine scharfe Klinge, und das man den Daumen unter dem Messergriff hat. Dadurch kann man die Klinge im Moment des durchtrennens jederzeit sofort abfangen. Einfach mal an irgendeiner alten Platine ausprobieren! Manch einer wird sich auch fragen:"Warum soll ich die Beinchen abschneiden, ich habe doch Entlötwerkzeug". Dazu kann ich nur sagen: Das wird nichts, versucht auf keinen Fall ein IC in einem Rutsch auszulöten! Da es sich bei diesem Board um ein doppelseitig gelötetes handelt, besteht die Gefahr beim Abheben des vermeintlich losgelöteten IC's das man sich die Lötaugen und Leiterbahnen abreißt! Und dann wird es sehr fummelig, und es muss mit hässlichen Brücken gearbeitet werden. Auch die Idee einen Dremel mit Trennscheibe zu benutzen scheint nicht schlecht. Jedoch wäre mir hier die Gefahr zu hoch, dass sich Metallspäne irgendwo "verkriechen" und später Kurzschlüsse verursachen. Bei den Präzisionssockeln allerdings, habe ich diese Trennscheibe dazu benutzt, den Kunststoff zwischen den Metallfassungen zu durchtrennen. Hier ist mit einem Messer kein durchkommen. Der Kunststoff ist auch für einen Seitenschneider zu hart. Außerdem ist die Gefahr es "Lötaugen-Abreißens" zu groß!

Abb. 3
Wenn die integrierten Schaltkreise (IC) entfernt sind, werden die Beinchen ausgelötet. Dazu wird jedes Beinchen kurz erhitzt und sofort mit einer Pinzette aus der Platine gezogen. Das geht schnell und einfach. Wer keine Pinzette hat, klemmt das Beinchen einfach zwischen der Klinge eines Schlitzschraubendrehers und der Lötspitze ein, und zieht es so raus.

Abb. 4
Danach werden alle Widerstände die entfernt werden sollen einseitig und direkt am Körper mit dem Seitenschneider getrennt. Das so stehen gebliebene "lange" Stück Draht lässt sich dadurch leichter auslöten. Statt einer Pinzette kann hier eine kleine Spitzzange sinnvoll sein, da die Drähte auf der Unterseite umgebogen und somit schwerer zu ziehen sind.

Abb. 5
Wenn alle Beinchen entfernt wurden, muss das Lötzinn abgesaugt werden. Das kann man mit folgenden Geräten anstellen. Mit Entlötlitze, einer Entlötpumpe oder einem Entlötkolben. Egal welches man benutzt ist folgendes wichtig zu wissen: Altes oder dünn aufgetragenes Lötzinn lässt sich mit allen dreien oft nur schwer entfernen! Sollte dem so sein, muss einfach nur erst frisches Lötzinn aufgetragen werden, dann lässt es sich auch leicht absaugen. Aber aufgepasst bei den Entlötpumpen, hier gibt es Modelle die einfach zu stark saugen! In Verbindung mit zu langer / starker Hitze, saugt man das Lötauge glatt mit ein. Wer noch nie eine Pumpe benutzt hat, sollte zuerst an alten Platinen üben. Das zählt ebenso für die Litze!

Nachdem nun alle Bohrungen vom Lötzinn befreit wurden, kommt wieder der Glasfaserstift zum Einsatz. Jetzt wird die Platine gründlich gereinigt. Dabei trotzdem Vorsicht walten lassen. Eventuell können dabei bereits angelöste Lötaugen abgerissen werden! In der Regel wird jetzt der grüne Schutzlack ein wenig abgeschliffen, und die Platine sollte jetzt schon mal so aussehen:

Abb. 6
Nun gilt es, die letzten Reste, der alkalischen Batterieflüssigkeit zu neutralisieren. Dazu mischt man eine Flasche Essigessenz (400 ml, 25%) mit der vierfachen Menge Wasser. Das ergibt eine Essigsäurekonzentration von ca. 5%. Vorsicht bei der Essigessenz, Ätzend! Ich habe die Platine nur bis zur Hälfte für ca. zwei Minuten eingetaucht ...

Abb. 7 Abb. 8
... und gleichzeitig mit einem Borstenpinsel bearbeitet.
Abb. 9
Danach die Platine mit einem Tuch trocken tupfen und anschließend mit Isopropanol oder Brennspiritus abwaschen. Der Alkohol verdrängt dabei das Wasser aus allen Ecken.

Abb. 10
Nach dem Trocknen sollte die Platine so aussehen.

Abb. 11
Jetzt kommt der wichtigste Schritt, das Prüfen der Leiterbahnen! Das sollte äußerst sorgfältig gemacht werden, denn nur jetzt hat man einen unverbauten Blick auf die Leiterbahnen. Man stellt das Messgerät auf Durchgangsprüfung und prüft die elektrische Verbindung von JEDEM Lötauge zum nächsten. Je nachdem wie wild man gelötet hat, haben die Leiterbahnen oft keine Verbindung mit den Lötaugen (Abb. 13). Das kann man mit bloßem Auge meist nicht erkennen! Man hält also eine Messspitze an ein Lötauge und verfolgt die Leiterbahn bis zur nächsten blanken Stelle, wo man die zweite Messspitze platziert. Jetzt sollte unser Messgerät ein Ton von sich geben bzw. 0 Ohm anzeigen. Bei einer Unterbrechung reibt man mit dem Glasfaserstift den Schutzlack an entsprechender Stelle ab. Da die Unterbrechungen oft nur sehr klein sind, reicht ein kleiner Lötpunkt um diese zu überbrücken. Wenn nun alle Lötaugen überprüft wurden, können wir mit dem bestücken der neuen Bauteile beginnen.

Abb. 12 Abb. 13
Man fängt mit den flachsten Bauteilen, also den Widerständen, an. Ich habe Kohleschichtwiderstände benutzt, da diese den originalen entsprechen. Man kann natürlich auch Metallschichtwiderstände nehmen. Da es ja ordentlich aussehen sollte, habe ich diese Abbiegevorrichtung benutzt (Abb. 14). Mit ihr kann ich die Widerstände exakt mittig mit einem Abstand von 12,5 mm abbiegen. Das ist genau der Abstand der Bohrungen auf der Platine zueinander. Die Widerstände werden also eingesetzt und die Anschlussdrähte auf der Rückseite, wie in Abb. 15 dargestellt, verbogen. Angelötet habe ich sie zuerst auf der Vorderseite der Platine, und danach nochmal kurz auf der Rückseite. Das muss nicht unbedingt sein, sieht aber schöner aus. Nachdem alle Widerstände eingelötet wurden, machen wir uns an die IC-Sockel. Es sollten unbedingt Sockel verwendet werden! Bei einem späteren defekt braucht der jeweilige IC nur noch gesteckt werden. Bei den IC Fassungen löte ich natürlich von der Unterseite. Aber bitte nicht zu lang, da die Sockel schnell weich werden.

Abb. 14 Abb. 15
Wenn alles neu bestückt und verlötet wurde, sollte die Platine jetzt wieder richtig funktionieren. Einen Batteriehalter werde ich allerdings nicht mehr auf die Platine montieren! Es kann immer wieder vorkommen, das die Batterien vergessen werden oder einfach nur schlecht sind. Dann geht das Spiel wieder von vorn los. Ich habe einen 3 fach Mignon Batteriehalter auf der linken Backboxinnenseite montiert, weit weg von den Platinen. Der Plus Kontakt wird oben rechts (B1+) und der Minus Kontakt unten links (B3-) angelötet.

Abb. 16
Abschließend und zusammenfassend noch ein paar Tips
- Die Löttemperatur sollte bei ca. 370° liegen. Zu wenig oder zuviel Hitze schadet der Platine!
- Langes "Braten" sollte vermieden werden!
- Lässt sich das Zinn nur schwer absaugen, erst ein wenig frisches zufügen!
- Wer noch nie gelötet hat, sollte nicht mit dieser Platine beginnen! Lieber jemanden fragen, der sich damit auskennt.
- Den Farbcode zur Bestimmung der Widerstandswerte findet man im Internet!
- Aufpassen mit den Glasfasern, am besten gar nicht mit der Haut in Berührung kommen lassen! Die Fasern stecken fast unsichtbar in der Haut, und machen einen wahnsinnig.
Ich hoffe diese Anleitung hilft Euch weiter. Weitere Tipps gibt es auf meiner HP flipper-fan.de.